Samstag, 9. Juni 2012

Kündigungsschutzklage bei Kündigung durch Insolvenzverwalter?



Das Insolvenzrecht sieht keine besonderen Kündigungsgründe vor.

Wird dem Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes gekündigt, kann er sich hiergegen mir der so genannten Kündigungsschutzklage zur Wehr setzen. Dies gilt auch im Insolvenzverfahren bei einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter.



Der Insolvenzverwalter hat zwar die Möglichkeit die Beschäftigungsverhältnisse mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende ordentlich zu kündigen - § 113 InsO:

"Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen."

Arbeitnehmer können sich also auf Grund § 113 Satz 2 InsO auf die ansonsten gültigen längeren Kündigungsfristen aus Gesetz, Tarif- oder Arbeitsvertrag nicht mehr berufen.  Allerdings benötigt auch der Insolvenzverwalter im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes einen Kündigungsgrund. Dabei sieht das Insolvenzrecht keine besonderen Kündigungsgründe vor.

Ist z. B. die Fortführung des Betriebes mit einem Investor geplant, so kommt allenfalls eine Kündigung der für die Weiterführung nicht mehr benötigten Arbeitnehmer in Betracht. Von einer betriebsbedingten Kündigung spricht man, wenn Arbeitsplätze aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen eingespart werden sollen.

In einem solchen Fall muss der Insolvenzverwalter unter den betroffenen Arbeitnehmern zwingend eine Sozialauswahl vornehmen. Er darf also allenfalls die am wenigsten schutzwürdigen Arbeitnehmer kündigen. Zu berücksichtigen sind hierbei gemäß § 1 Abs. 3 KSchG z. B. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers.  Fehler bei der Sozialauswahl machen die Kündigung unwirksam.

Der Arbeitgeber muss  im Kündigungsschutzverfahren nach § 1 Abs. 2 KSchG die Tatsachen  beweisen, die die Kündigung bedingen und es ist dessen Aufgabe, vorzutragen und nachzuweisen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist; Urteil vom 15.12.2009 des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Az: 22 Sa 45/09. Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes führen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht (BAG 29. März 1990 - 2 AZR 369/89 - BAGE 66, 61; 17. September 1998 - 2 AZR 419/97).

Nach dem Einreichen einer Kündigungsschutzklage steigt das Prozess – und damit einhergehende Kostenrisiko des Arbeitgebers von Monat zu Monat. Bei Ausschöpfung von Rechtsmitteln kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber mehrere Monats - bzw. Jahresgehälter nachzahlen muss, ohne dass der Arbeitnehmer für ihn gearbeitet hat. Um dieses finanzielle Risiko zu vermeiden, ist der Arbeitgeber in einem Gerichtsverfahren häufig gewillt, die Wirksamkeit der Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung  herbeizuführen.

Wichtig:
Bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage nach dem KSchG ist eine 3 - Wochenfrist zu beachten. Nach Ablauf der Frist kann sich auch ein zu unrecht gekündigter Arbeitnehmer grundsätzlich nicht mehr auf den Kündigungsschutz berufen; vgl. : BAG, 09.02.2006 - 6 AZR 283/05.