Mittwoch, 16. Februar 2011

Der Verzicht auf Kündigungsschutz kann unzulässig sein

Der ohne Gegenleistung erklärte, formularmäßige Verzicht eines Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam - so: BAG, Urteil vom 6. 9. 2007 - 2 AZR 722/ 06.
In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte ein Drogeriemarktunternehmen drei Mitarbeiterinnen fristlos gekündigt, da sie verdächtigt wurden, die Tageseinnahmen gestohlen zu haben. Die Kündigung wurde gegenüber der Klägerin auf einem Formular ausgesprochen, das den folgenden Passus enthielt:
"Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet."
Die gekündigte Arbeitnehmerin unterzeichnete das Formular und erhob dann Kündigungsschutzklage. Sie bestritt dabei jegliche Verantwortung für das Verschwinden der Tageseinnahmen. Den Kündigungsverzicht hat die Klägerin gemäß § 123 BGB wegen widerrechtlicher Drohung angefochten.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage wegen des Klageverzichts zunächst abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Verkäuferin im Berufungsverfahren Recht gegeben und das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt.
Die von der Drogerie verwendete Klausel "Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt, auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet" wurde von den Richtern als Allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert.
  • Der Verzicht auf die Kündigungsschutzklage hielt der AGB-Kontrolle der Richter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. Ohne kompensatorische Gegenleistung des Arbeitgebers stellt ein solcher Klageverzicht nämlich nach Ansicht der Erfurter Richter eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmerin dar.
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nämlich immer dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmerin erkannten die Richter zu Recht in dem Versuch des Arbeitgebers, seine Rechtsposition ohne Rücksicht auf die Interessen der Arbeitnehmerin zu verbessern, indem er ihr die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Kündigung entziehen wollte.

Vorsicht!

Bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage nach dem KSchG ist eine 3 - Wochenfrist zu beachten. Nach Ablauf der Frist kann sich auch ein zu unrecht gekündigter Arbeitnehmer grundsätzlich nicht mehr auf den Kündigungsschutz berufen (BAG, 09.02.2006 - 6 AZR 283/05).

Keine Kommentare: