Gem. § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG ist
die Kündigung einer Frau (Arbeitnehmerin, § 1 Ziffer 1 MuSchG) während
einer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der
Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder innerhalb von zwei
Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Wenn allerdings die Frau eine Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat, so ist das bei unverzüglicher Nachholung der Mitteilung unschädlich. Ausnahmen von diesem Kündigungsverbot ergeben sich dann, wenn eine Zulässigerklärung der Kündigung gem. § 9 Abs. 3 MuSchG durch die zuständige staatliche Stelle - hier das staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL - vor Ausspruch der Kündigung vorliegt. Fehlt eine solche Zulässigerklärung, führt das Kündigungsverbot zur Nichtigkeit gem. § 134 BGB, da dann die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt .
Wenn allerdings die Frau eine Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat, so ist das bei unverzüglicher Nachholung der Mitteilung unschädlich. Ausnahmen von diesem Kündigungsverbot ergeben sich dann, wenn eine Zulässigerklärung der Kündigung gem. § 9 Abs. 3 MuSchG durch die zuständige staatliche Stelle - hier das staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL - vor Ausspruch der Kündigung vorliegt. Fehlt eine solche Zulässigerklärung, führt das Kündigungsverbot zur Nichtigkeit gem. § 134 BGB, da dann die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt .
Redaktioneller Leitsatz zu
LAG Hamm · Urteil vom 17. Oktober 2006 · Az. 9 Sa 1503/05
Tenor
1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 23.06.2005 - 1 Ca 271/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird nicht zugelassen.
3) Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.900,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren (noch) um die Rechtswirksamkeit einer Kündigung.
Die am 04.09.1969 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin, ist seit dem 01.04.2004 bei der Beklagten in Teilzeit mit einer ¾ Stelle in der häuslichen Alten- und Krankenpflege als Krankenschwester auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 18 ff d.A.) beschäftigt. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt ca. 1300,00 Euro.
Zu den Aufgaben der Klägerin gehörte unter anderem, Diabetes-Patienten Insulin zu verabreichen. In diesem Zusammenhang beachtete sie im Januar 2005 bei einem Patienten eine von der Pflegedienstleitung der Beklagten angeordnete Erhöhung der Insulindosierung von 15 auf 16 Einheiten zunächst nicht.
Es kam daraufhin am 26.01.2005 zu einem Gespräch zwischen der Pflegedienstleitung der Beklagten und der Klägerin, als dessen Ergebnis eine "Vereinbarung zur Arbeitsdurchführung" unterzeichnet wurde. Hierbei wurde die Klägerin angehalten, den Dienst mit größtmöglichster Sorgfalt zu verrichten und sich anhand der Informationssysteme der Beklagten vor Dienstantritt zu informieren. Des Weiteren wurde zwischen den Parteien abgemacht, dass die Tourenanfangszeiten einzuhalten sind und nicht eigenmächtig verschoben bzw. verändert werden dürfen. Letztlich wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass ein Nichtbeachten der Anweisungen zu einer Abmahnung führen kann (Bl. 24 d. A.).
Am 30.01.2005 legte die Klägerin nach Besuch einer Patientin deren Wohnungsschlüssel nicht in den dafür im Büro der Beklagten vorgesehenen Schlüsselkasten zurück und beachtete nicht, dass der Akku des dienstlichen Bereitschaftstelefones entladen war. Aus diesen Gründen sprach die Beklagte der Klägerin gegenüber am 01.02.2005 eine Abmahnung aus. Gerügt wurde hierbei die mangelnde Sorgfalt bei der Erfüllung der Dienstpflichten (Bl. 25-26 d. A.).
Am darauf folgenden Tag, dem 02.02.2005, erschien die Klägerin, deren Frühschicht um 6.00 Uhr morgens begann, nicht zur Arbeit. Gegen 8.30 Uhr meldete sie sich krank. Um 12.30 Uhr legte sie der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 01.02.2005 bis 11.02.2005 vor. Auf die Kopie der Bescheinigung Bl. 28 d.A. wird Bezug genommen.
Mit Schreiben 02.02.2005, der Klägerin am gleichen Tag zuvor um 11.30 Uhr per Boten übermittelt, kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis " ... aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung". Im Kündigungsschreiben heißt es u.a. wörtlich:
Sehr geehrte Frau H3xxxxx,
Sie sind am heutigen Tage nicht zum Dienst erschienen, obwohl Sie laut Dienstplan, der Ihnen bekannt ist, zum Frühdienst in Tour 1 eingeteilt waren.
Da Sie sich nicht krank gemeldet haben und es zu erheblichen Störungen im betrieblichen Ablauf kam, ...
Dieses Versäumnis wiegt umso schwerer, als Sie im Vorfeld bereits zweimal aufgefordert wurden, in der Wahrnehmung der Dienstpflichten größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen, und zwar am 26.01. und am 01.02.2005.
Hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis fristlos. Wir fordern Sie auf, den Büroschlüssel und die Ihnen überlassenen Arbeitsmaterialien unverzüglich zurückzugeben.
Auf die Kopie Bl. 27 d.A. wird Bezug genommen.
Gegen diese Kündigung hat sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 09.02.2005 beim Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen und der Beklagten am 12.02.2005 zugestellten Klage gewehrt. Nachdem die Beklagte von der Januarvergütung der Klägerin einen Nettobetrag von 300,00 € in Abzug gebracht hat, ist die Klage entsprechend erweitert worden.
Am 17.02.2005 ist bei der Klägerin sodann eine Schwangerschaft festgestellt worden. Hierüber informierte sie ihren Prozessbevollmächtigten am 24.02.2005, der sodann unter dem 28.02.2005 eine schriftsätzliche Mitteilung hierüber an das Arbeitsgericht verfasste. Dieser Schriftsatz ging dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 02.03.2005 zu. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.03.2005 ließ die Klägerin sodann eine Fotokopie aus ihrem Mutterpass an das Gericht übermitteln, der am 17.03.2005 eingegangen ist und am Folgetag versandt wurde. Im Mutterpass ist für den Tag der Feststellung der Schwangerschaft (17.02.2005) die 5. Schwangerschaftswoche angegeben (Kopie Bl. 34 d.A.).
Mit einem Schreiben vom 08.04.2005 hat die Beklagte dann beim staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL die Zulässigkeitserklärung zur Kündigung der Klägerin gem. § 9 Abs. 3 MuSchG beantragt. Mit einem Bescheid vom 27.05.2005 (Bl. 47 - 55 d. A.) hat das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz den Antrag abgelehnt. Den hiergegen eingelegten Rechtsbehelf hat die Beklagte mittlerweile zurückgenommen, da sie davon ausgeht, dass ein besonderer Kündigungsschutz nicht mehr gelte. Unter dem 31.05.2006 ist eine weitere Kündigung ausgesprochen worden, gegen die sich die Klägerin ebenfalls mit einer Klage zum Arbeitsgericht Paderborn wehrt. Jener Rechtsstreit ist derzeit wegen Vorgreiflichkeit des Berufungsverfahrens ausgesetzt.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die streitgegenständliche Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte beschäftige mehr als zehn Arbeitnehmer. Einen Kündigungsgrund im Sinne der §§ 626 BGB, 1 KSchG gebe es nicht, da es in jedem Falle an einer einschlägigen Abmahnung fehle. Außerdem sei die Abmahnung am 01.02.05 erteilt und die Kündigung am 02.02.05 ausgesprochen worden. Selbst wenn man eine Pflichtverletzung und eine einschlägige Abmahnung unterstelle, habe die Klägerin keine Zeit gehabt, ihr Verhalten entsprechend anzupassen.
Aufgrund ihrer Schwangerschaft stehe ihr zudem der besondere Kündigungsschutz des § 9 MuSchG zu. Da sie erst nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung von der Schwangerschaft erfahren habe, sei sie verpflichtet gewesen, diese Mitteilung unverzüglich gegenüber der Beklagten nachzuholen, was durch Übermittlung des Schriftsatzes vom 28.03.2005 auch geschehen sei.
Bezüglich des Zahlungsantrages hat die Klägerin vorgetragen, dass es sich hierbei um einen Nettobetrag handele, den sie für geleistete Arbeit im Monat Januar 2005 zu beanspruchen habe. Die Beklagte halte dieses Geld grundlos zurück.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 02.02.2005 nicht beendet worden ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 300,00 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Die fristlose Kündigung sei zu Recht ausgesprochen worden. Da die Klägerin in der häuslichen Alten- und Krankenpflege eingesetzt sei, erfordere dies ein sorgfältiges Arbeiten und insbesondere auch die strikte Einhaltung der Dosierungsanleitungen für die Medikamentengabe. Hierbei komme es vor allem auf die Zuverlässigkeit der Klägerin an, Änderungen der Dosierungsmengen rechtzeitig wahrzunehmen.
In einem weiteren Fall habe die Klägerin zwar die Änderung der Medikamentenverabreichung registriert, sie habe damit jedoch nichts anzufangen gewusst. Statt bei der Pflegedienstleitung der Beklagten telefonisch nachzufragen, habe sie die Medikamente in der Art wie sie meinte, dass dies richtig sei, verabreicht. Hiermit habe sie große Verunsicherung bei dem Patienten und dessen Angehörigen verursacht.
Auch nach der am 26.01.2005 getroffenen Vereinbarung habe die Klägerin die vereinbarte Sorgfalt bei der Ausführung ihres Dienstes vermissen lassen. So habe sie es am Sonntag den 30.01.2005 versäumt, den Akku des Bereitschaftstelefons zu laden. Das Telefon habe sich daraufhin abgeschaltet, mit der Folge, dass der Bereitschaftsdienst in den folgenden Stunden nicht erreichbar gewesen sei. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass ein Patient den Bereitschaftsdienst in dieser Zeit nicht habe erreichen können. Die durchgehende telefonische Erreichbarkeit sei jedoch sowohl mit den gesetzlichen Kostenträgern, als auch mit den Patienten vertraglich vereinbart. Die Beklagte könne es sich deshalb nicht leisten die Vertragspflichten zu missachten.
Weiterhin hat die Beklagte behauptet, dass die Nichtrückgabe der Schlüssel am 30.01.2005 zu zeitlichen Verzögerungen im betrieblichen Ablauf geführt, und dies zusätzlich auch ein Risiko für eine Patientin dargestellt habe, da diese ohne Begleitung habe aufstehen müssen, um die Tür zu öffnen. Weil sich die Klägerin am Morgen des 02.02.2005 zunächst nicht bei der Beklagten krank gemeldet habe, sei es zu erheblichen Verspätungen bei der Versorgung der Patienten gekommen. Insbesondere sei ein insulinpflichtiger Diabetiker deutlich verspätet versorgt worden.
Der besondere Kündigungsschutz des § 9 MuSchG greife nicht ein, da die Mitteilung über die Schwangerschaft nicht unverzüglich im Sinne des Gesetzes erfolgt sei. Insgesamt hätten - unstreitig - dreizehn Tage zwischen der Feststellung der Schwangerschaft und der Mitteilung gelegen.
Schließlich hat die Beklagte gemeint, ihr stünden gegen die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Beschädigungen an ihrem Dienstfahrzeug zu. Insoweit habe die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht an einem Teil der Januarvergütung.
Durch Urteil vom 23.06.2005, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 14.07.2005 zugestellt, hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, dass die Klägerin rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 4, 13 KSchG Klage erhoben habe und die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes gegeben seien. Es könne offen bleiben, ob die Kündigung nicht evtl. rechtsunwirksam im Sinne des § 9 MuSchG ist, da sie jedenfalls nicht gerechtfertigt im Sinne des § 626 BGB sei. Es fehle ein wichtiger Grund: die Beklagte stütze die außerordentliche Kündigung darauf, dass die Klägerin an diesem Tag nicht zum Dienstbeginn um 06.00 Uhr erschienen sei, wobei aber unstreitig sei, dass sich die Klägerin um 08.30 Uhr desselben Tages bei der Beklagten krank gemeldet und um 12.30 Uhr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe. Dass stelle jedoch keinen Umstand dar, der an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB abzugeben. Selbst wenn man eine solche unverzügliche Mitteilung, wie sie auch § 6 des Arbeitsvertrages vorschreibt, seitens der Klägerin nicht annehme, so fehle es an einer diesbezüglichen Abmahnung.
Der Zahlungsanspruch der Klägerin folge aus § 611 BGB. Auf ein Zurückbehaltungsrecht könne sich die Beklagte dagegen nicht mit Erfolg berufen, da ihr weder aus dem Arbeitsvertrag, noch aus einer anderweitigen gesetzlichen Anspruchsgrundlage ein Schadensersatzanspruch bezüglich der vorgetragenen Schäden an dem Dienstfahrzeug zustehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn vom 23.06.2005 wird auf Blatt 66 - 74 d.A. Bezug genommen.
Gegen den Feststellungsausspruch des Urteils wehrt sich die Beklagte mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht am 28.07.2005 eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.10.2005 mit Schriftsatz vom 04.10.2006, bei Gericht am 12.10.2005 vorab per Fax eingegangen, begründeten Berufung.
Sie trägt vor:
Die Entscheidung werde den Umständen des Einzelfalles nicht gerecht, da das Arbeitsgericht den Pflichtenverstoß der Klägerin nicht hinreichend gewürdigt habe. Da der Arbeitsvertrag ausdrücklich die Verpflichtung bestimme, sich vor Dienstantritt im Falle der Arbeitsverhinderung zu melden und diese Meldepflicht wegen der aufgestellten Dienstpläne und der sicherzustellenden Versorgung von enormer Bedeutung sei, liege in deren Verletzung ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung. Das Fehlverhalten der Klägerin zeige gerade das besonders deutlich: Erst gegen 8.15 Uhr des 02.02.2005 habe die Beklagte durch einen Anruf des Sohnes der von der Klägerin laut Dienstplan zu versorgenden Patientin erfahren, dass sie offensichtlich ihren Dienst nicht angetreten hatte. Es handele sich um eine insulinpflichtige Patientin, bei der eine verspätete Versorgung nachhaltige Schäden bis hin zur Bewusstlosigkeit verursachen könne.
Der Beklagten sei zwar das Abmahnungserfordernis bewusst; es liege allerdings eine einschlägige Abmahnung vor. Die Voraussetzungen dafür, wann eine Abmahnung einschlägig sei, dürften nicht überspannt werden, zumal der Arbeitsvertrag ausdrücklich in § 8 von einer "einmaligen" Abmahnung spreche. Insoweit seien die vor der Kündigung liegenden Pflichtverletzungen zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
Das Arbeitsgericht habe außerdem übersehen, dass sich aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens ohne Zweifel ergebe, dass die Beklagte sich von der Klägerin trennen wolle. Aus diesem Grunde sei die Kündigung in eine ordentliche Kündigung umzudeuten. Diese beende das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall, da - wie die Beklagte im Berufungsverfahren erstmals vorgetragen hat - das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Die Beklagte beschäftige nämlich regelmäßig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Insoweit wird auf die Aufstellung der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 13.09.2006, Bl. 155 ff d.A. Bezug genommen.
Der besondere Kündigungsschutz nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes komme der Klägerin nicht zu Gute. Selbst wenn die Schwangerschaft erstmals am 17.02.2005 festgestellt worden sei und die Klägerin sich zum Feststellungszeitpunkt in der fünften Schwangerschaftswoche befunden habe, fehle es an einer unverzüglichen Mitteilung von der Schwangerschaft durch die Klägerin. Spätestens bei ihrer Benachrichtigung des eigenen Prozessbevollmächtigten am 24.02.2005 hätte eine Mitteilung an die Beklagte erfolgen können; so aber seien bis zur ersten Information - streitlos - dreizehn Tage vergangen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 23.06.2005 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn - 1 Ca 271/05 - die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu 1) aus der Klageschrift vom 08.02.2005 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und trägt vor, dass die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes beschäftige. Die von der Beklagten vorgetragenen wöchentlichen Arbeitszeiten mögen vielleicht der jeweiligen Arbeitsvertragssituation entsprechen. Tatsächlich würden die Beschäftigen aber mehr Wochenstunden arbeiten. Hierzu hat die Klägerin Dienstpläne aus dem Zeitraum April 2004 bis Februar 2005 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 170 ff d.A.). Selbst wenn man also die außerordentliche Kündigung umdeute, fehle es an der sozialen Rechtfertigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes.
Hierauf komme es aber nicht an, da der Klägerin der besondere Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes zur Seite stehe. Die Klägerin sei ausweislich des vorgelegten Mutterpasses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schwanger gewesen. Da sie erst nach Ablauf der im Gesetz beschriebenen Frist von zwei Wochen überhaupt erfahren habe, dass sie schwanger sei und damit die Überschreitung der Frist nicht zu vertreten habe, sei sie verpflichtet gewesen, die Mitteilung unverzüglich nachzuholen. Das sei durch Schriftsatz vom 28.02.2005 geschehen. Als die Klägerin am 24.02.2005 ihren Prozessbevollmächtigten unterrichtet habe, sei von dort allgemein auf die Mitteilungsverpflichtung hingewiesen worden; im übrigen habe es der Prozessbevollmächtigte übernommen, die Mitteilung an die Beklagte zu geben, wie geschehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
Gründe
Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da die Kündigung der Beklagten vom 02.02.2005 das Arbeitsverhältnis zur Klägerin weder fristlos noch unter Einhaltung der gesetzlichen/vertraglichen Kündigungsfrist aufgelöst hat.
I.
Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag zulässig.
Zwar streiten die Parteien - erstmals in der Berufungsinstanz - um die Frage der Anwendbarkeit des KSchG vor dem Hintergrund der bei der Beklagten beschäftigten Anzahl von Arbeitnehmern mit der Folge, dass für die Klägerin auch fraglich ist, ob ihr das besondere Feststellungsinteresse, wie es § 4 S. 1 KSchG formuliert, zu Gute kommt. Indessen ergibt sich für die Klägerin das erforderliche Feststellungsinteresse in jedem Fall aus § 256 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG, da sie ein rechtliches Interesse an der Klärung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses hat.
Nach dieser Vorschrift kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dabei darf es sich nicht um eine auf die Vergangenheit bezogene Klage handeln (vgl. hierzu beispielsweise BAG, Urteil vom 3.3.1999 -- 5 AZR 275/98 -- EzA Nr. 50 zu § 256 ZPO), vielmehr besteht ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn dem Recht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die Beklagte dieses ernstlich bestreitet und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BAG, Urteil vom 2.12.1999 -- 8 AZR 796/98 -- EzA Nr. 188 zu § 613a BGB). Im Falles des Streits über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung handelt es sich ohne Zweifel um ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO.
II.
Die Kündigung der Beklagten vom 02.02.2005 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst, da sie gem. § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG unzulässig war mit der Folge, dass sie sich gem. § 134 BGB als nichtig erweist.
A.
Gem. § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG ist die Kündigung einer Frau (Arbeitnehmerin, § 1 Ziffer 1 MuSchG) während einer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Wenn allerdings die Frau eine Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat, so ist das bei unverzüglicher Nachholung der Mitteilung unschädlich. Ausnahmen von diesem Kündigungsverbot ergeben sich dann, wenn eine Zulässigerklärung der Kündigung gem. § 9 Abs. 3 MuSchG durch die zuständige staatliche Stelle - hier das staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL - vor Ausspruch der Kündigung vorliegt. Fehlt eine solche Zulässigerklärung, führt das Kündigungsverbot zur Nichtigkeit gem. § 134 BGB, da dann die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (vgl. nur BAG, Urteil vom 31. März 1993, 2 AZR 595/92, AP Nr. 20 zu § 9 MuSchG 1968).
Ausgehend hiervon gilt vorliegend Folgendes:
a.Die Klägerin stand zum Zeitpunkt der Kündigung gem. § 1 Ziffer 1 MuSchG in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.
b.Die Klägerin war auch schwanger, wie sich aus der überreichten Fotokopie des Mutterpasses ergibt und von der Beklagten letztlich auch nicht in Zweifel gezogen wurde.
c.Allerdings war der Beklagten die Schwangerschaft weder im Zeitpunkt der Kündigung bekannt, noch wurde sie ihr innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt, da die Beklagte streitlos nichts von der Schwangerschaft bis zum 16.02.2005 (Kündigungszugang 02.02.2005) mitgeteilt bekommen hatte.
aa.Die Überschreitung dieser Frist ist indessen unschädlich, da die Klägerin sie nicht zu vertreten hat. Sie trifft nämlich kein Verschulden (§ 276 Abs. 1, S. 1 BGB), da sie weder vorsätzlich oder fahrlässig handelte, als sie die Zwei-Wochen-Frist überschritten hat. Bei der Prüfung dieses Verschuldens ist zu bedenken, dass der anzuwendende Maßstab seit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 1 MuSchG aF (Entscheidungen vom 13.11.1979, 1 BvL 19/78 1 BvL 24/77, 1BvL 38/78, AP Nr. 7 zu § 9 MuSchG 1968 und vom 22.10.1980, 1 BvR 262/80, AP Nr. 8 zu § 9 MuSchG 1968) anerkanntermaßen durch die besondere Schutzrichtung des Kündigungsschutzes der werdenden Mutter zu bestimmen ist. Danach kommt eine schuldhafte Pflichtversäumung überhaupt nur in Betracht im Sinne einer grundlegenden Verschuldensvoraussetzung, wenn die schwangere Arbeitnehmerin die Mitteilung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist unterlässt, obschon sie die Schwangerschaft kennt (BAG, Urteil vom 13.01,1982, 7 AZR 764/79, EzA § 9 MuSchG nF Nr. 20; Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, - HWK/ Zirnbaue r-, § 9 MuSchG Rdnrn. 28 u. 29) oder eine zwingende und unabweisbare Schwangerschaftsvermutung vorliegt (BAG, Urteil vom 06.10.1983, 2 AZR 368/82, NJW 1984, 1418).
Ausweislich der Kopie des Mutterpasses befand sich die Klägerin am 17.02.2005 in der fünften Schwangerschaftswoche; d.h. der Beginn der Schwangerschaft lag Mitte Januar 2005. Bei dieser Sachlage hatte die Berufungskammer davon auszugehen, dass die Klägerin vor den Feststellungen des behandelnden Arztes am 17.02.2005 weder positive Kenntnis von der Schwangerschaft hatte noch zwingende Gründe für eine entsprechende Vermutung vorgelegen haben. Anhaltspunkte hierfür lassen sich im übrigen weder aus dem unstreitigen Parteivorbringen entnehmen, noch hat die Beklagte in dieser Richtung vorgetragen.
bb.Die Klägerin hat die Mitteilung gem. § 9 Abs. 1 MuSchG auch unverzüglich nachgeholt, so dass ihr der besondere Kündigungsschutz erhalten geblieben ist.
Vorauszuschicken ist, dass das Gesetz selbst für die zeitliche Grenze der "Nachholung" sich des Begriffes der Unverzüglichkeit bedient, ohne dass eine absolute Obergrenze , z.B. nach Tagen oder Wochen, für diese Nachholung beschrieben ist, Dementsprechend sind bei Ausfüllung des Rechtsbegriffs "unverzüglich" stets alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 739/87, NZA 1988, 799-801). Das Bundesarbeitsgericht, dem die Kammer folgt, hat hierzu wörtlich ausgeführt (BAG, Urteil v. 20.05.1988, aaO):
Unter Zugrundelegung der nach § 31 BVerfGG die Gerichte bindenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 13. November 1979 und 22. Oktober 1980 (aa0) läßt der Begriff des "unverzüglichen Nachholens" der Anzeige nach Auffassung des Senats weder die Festlegung einer Mindest- noch die einer Höchstfrist zu.
Zunächst ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Benachrichtigung der Beklagten von ihrer Schwangerschaft tatsächlich nachgeholt worden ist, da die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die schriftsätzliche Mitteilung unter dem 02.03.2005 erhalten haben. Dieser Mitteilung mussten keine bestätigenden Arztunterlagen beigefügt sein, da das Gesetz eine besondere Form der Mitteilung in § 9 Abs. 1 MuSchG nicht vorsieht (vgl. BAG, Urteil v. 23.05.1969, 2 AZR 379/68, DB 1969, 1467; HWK/Zirnbauer aaO, § 9 MuSchG Rdnr. 22 ). Auch ist bei der Feststellung, ob diese Nachholung noch "unverzüglich" war, auf den Zugang des Schriftsatzes vom 28.02.2005 bei den Bevollmächtigten abzustellen; der genaue Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Beklagte bzw. deren Gesellschafter selbst ist insoweit nicht maßgeblich (vgl. grundlegend BAG, Urteil v. 18.02.1965, 2 AZR 274/64, AP Nr. 26 zu § 9 MuSchG; Gröninger/Thomas, MuSchG Stand 6-2006, § 9 Rdnrn. 20 und 16 m.w.Nachw.). Die Prozessvollmacht ( § 81 ZPO ) beinhaltet auch die Befugnis zur Entgegennahme rechtsgeschäftlicher empfangsbedürftiger Willenserklärungen materiellrechtlichen Inhalts, soweit sie sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits beziehen (BAG, Urteil v. 10.08.1977, 5 AZR 394/76, AP Nr. 2 zu § 81 ZPO, zu I 1 a der Gründe). Die Mitteilung im Sinne von § 9 Abs. 1 MuSchG ist eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anwendbar sind. Dies gilt auch für die nachträgliche Mitteilung. Sie bezieht sich auch auf die streitgegenständliche Kündigung, da sie deren Wirksamkeit unmittelbar berührt. Die Beklagte muss sich daher die Information ihres Prozessbevollmächtigten anrechnen lassen (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 739/87 aaO, zu II. 7 der Gründe).
Ausgehend von diesen grundsätzlichen Erwägungen ist der Zeitraum von 13 Kalendertagen zwischen Kenntniserlangung von der Schwangerschaft und Zugang der nachgeholten Mitteilung unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des vorliegenden Falles noch unverzüglich.
Bei der Bestimmung dieses Rechtsbegriffs ist von der Legaldefinition in § 121 Abs. 1, S.1 BGB auszugehen (BAG, Urteil vom 13. Januar 1982, BAGE 43, 331, zu III 2 der Gründe) wonach unverzüglich "ohne schuldhaftes Zögern" bedeutet. Daraus folgt zugleich, dass auch bei der Frage nach der Unverzüglichkeit der Verschuldensbegriff zu beachten ist, der oben schon näher ausgeführt wurde. Er steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutzzweck des § 9 Abs. 1 MuSchG, der den Kündigungsschutz der schwangeren Arbeitnehmerin beinhaltet und der nicht "nur" eine einfachgesetzliche Regelung darstellt, sondern eine Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Gebots an den Gesetzgeber zur Fürsorge für die werdende Mutter (BVerfG vom 13.11.1979 aaO). So hat zwar jede Fristenbestimmung im Gesetz den Zweck, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen. Der besondere Schutz der schwangeren Arbeitnehmerin hat aber vor diesem Gesichtspunkt Vorrang (BAG, Urteil vom 06.10.1983 aaO, zu II. 2. b) der Gründe).
Es ist insbesondere auch nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin es im bereits laufenden Kündigungsschutzprozess ihren Prozessbevollmächtigten überlässt, die Mitteilung über die Schwangerschaft nachzuholen (BAG, Urteil vom 06.10.1983 aaO, zu II. 3. b) der Gründe), auch wenn hierdurch ggf. Verzögerungen eingetreten sind.
Das Gebot der Rechtssicherheit und Rechtklarheit, welches hier im Interesse der Beklagten abzuwägen ist, gebietet es ebenso nicht, die Nachholung als verspätet zu betrachten. Denn die Beklagte wusste wegen der bereits anhängigen Kündigungsschutzklage, dass die Klägerin sich gerichtlich gegen die Kündigung vom 02.02.2005 zur Wehr setzt. Insoweit bestand auf Seiten der Beklagten keine Unsicherheit, der durch Fristablauf noch hätte begegnet werden können. Ähnliches ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 1 KSchG, wonach der entlassene Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des KSchG dann, wenn er die dreiwöchige Klagefrist gewahrt hat, bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz weitere Unwirksamkeitsgründe auch ohne Beachtung der Klagefrist vorbringen kann. Zwar kommt der letztgenannte Gedanke nicht unmittelbar zum Tragen, da die Geltendmachung des Sonderkündigungsschutzes der Schwangeren eben den Bestimmungen des § 9 MuSchG folgt; er ist aber ein weiterer Beleg dafür, dass die o.g. Ausführungen zum Vorrang des Kündigungsschutzes der werdenden Mutter vor dem Prinzip der Rechtssicherheit es gebieten, die vorliegend nachgeholte Mitteilung noch als rechtzeitig zu sehen.
Auch das Bundesarbeitsgericht, dem die Kammer folgt, hat in der Entscheidung vom 06.10.1983 aaO als Vergleichsmaßstab für die Unverzüglichkeit der Nachholung der Mitteilung von der Schwangerschaft andere gesetzliche Fristen herangezogen, die unmittelbar mit dem Bestand bzw. dem Bestandsschutz von Arbeitsverhältnissen zu tun habe, nämlich auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB (zwei Wochen), die seinerzeit in der Rechtsprechung entwickelte Frist zur Nachholung der Mitteilung von der Schwerbehinderteneigenschaft (1 Monat) sowie die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Abs. 1 KSchG. Auch das LAG Berlin hat in einer Entscheidung vom 30.03.1984, 10 Sa 10/84, NZA 1984, 260-261 eine Höchstfrist von 14 Tagen angesprochen (so auch Gröninger/Thomas aaO, § 9 Rdnr. 26, Wenzel BB 1981, 674, 677 III 1.) Alle diese Beispiele liegen von der Dauer her noch über den dreizehn Tagen, die die Nachholung der Mitteilung von ihrer Schwangerschaft über die Prozessbevollmächtigten gedauert hat.
Nach alledem hat die Klägerin die Mitteilung von der Schwangerschaft "unverzüglich" im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG nachgeholt mit der zwingenden Folge, dass die Kündigung der Beklagten vom 02.02.2005 unzulässig und damit gem. § 134 BGB nichtig ist.
B.
Die Kündigung ist schließlich auch nicht gem. § 9 Abs. 3 MuSchG für zulässig erklärt worden. Zwar hatte die Beklagte unter dem 08.04.2005 einen entsprechenden Antrag beim staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL gestellt. Dieser Antrag ist allerdings zeitlich nach Zugang der im vorliegenden Rechtsstreit ausgesprochenen Kündigung gestellt und zudem durch Bescheid vom 27.05.2005 abgelehnt worden, wobei dieser Bescheid wegen Rücknahme eines zunächst eingelegten Widerspruchs mittlerweile bestandskräftig geworden ist. Damit steht fest, dass jedenfalls vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung eine Zulässigerklärung gem. § 9 Abs. 3 MuSchG nicht vorgelegen hat, eine nichtige Kündigung kann in keinem Falle nachträglich wirksam werden (Gröninger/Thomas aaO, § 9 Rdnr. 38).
C.
Nach alledem kam es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob der Kündigung ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zugrunde lag, ob die Kündigung umzudeuten ist und ob schließlich das KSchG gem. § 23 Abs. 1 KSchG (Betriebsgröße) Anwendung findet.
Allerdings weist die Berufungskammer darauf hin, dass mit der angegriffenen Entscheidung vieles dafür spricht, dass es zumindest vor Ausspruch der Kündigung an einer kongruenten Abmahnung fehlt. Wenn auch mit der Beklagten davon auszugehen ist, dass die erforderliche Kongruenz zwischen abgemahntem und kündigungsauslösendem Verhalten nicht zwingend eine Sachverhaltsidentität bedeutet, so wäre dennoch die Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Anzeige einer Arbeitsunfähigkeit gem. § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG einem anderen Pflichtenkreis zuzuordnen als die in der Abmahnung vom 01.01.2005 enthaltenen Rügen, die den Inhalt der erbrachten Arbeitsleistung betreffen. Insoweit hat die Kammer Zweifel, ob es sich dann noch um vergleichbare bzw. gleichartige Pflichtverletzungen handeln würde, da ein enger innerer sachlicher Zusammenhang (vgl. HWK/Sandmann aaO, § 626 BGB Rdnr. 132 mit Nachweisen zur Rechtsprechung) zwischen den vorgetragenen Verstößen und dem Kündigungsgrund nicht unbedingt erkennbar ist. Aus o.g. Gründen bedurfte es hierzu aber keiner abschließenden Entscheidung.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte als unterlegene Partei zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert war für das Berufungsverfahren gesondert festzusetzen, da die Beklagte im Berufungsverfahren nur noch mit dem Bestandsschutzantrag verhandelt hat. Der Wert ergibt sich aus § 42 Abs. 4 GKG und beträgt 3 Bruttomonatsgehälter.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
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