1. Benachteiligung im Sinne des
Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche
Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich
ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung
sonst schuldhaft bewirkt worden ist. Nach der Legaldefinition des § 3Abs. 1 Satz 1 AGG
liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
2. Ziel des § 82 Satz 2 SGB IX ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen am Arbeitsleben durch eine ausgleichende Bevorzugungsregelung zu fördern. Sein Anwendungsbereich erstreckt sich daher auf alle im Stellenplan des öffentlichen Arbeitgebers verzeichneten und verfügbaren Stellen.
3. Der Entschädigungsanspruch des § 15Abs. 2 Satz 1 AGG knüpft nicht an eine behinderungsbedingte Nichteinstellung, sondern ausschließlich an Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren an.
Redaktioneller Leitsatz zu
Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 03.03.2011, Az.: 5 C 15.10
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. August 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Klägerin begehrt eine Entschädigung, weil im Zusammenhang mit ihrer Bewerbung um eine Einstellung in den Richterdienst (als Arbeitsrichterin) des beklagten Landes gegen das Verbot der Benachteiligung Schwerbehinderter verstoßen worden sei.
Die 1967 geborene Klägerin hat die Befähigung zum Richteramt erworben. Vor dem Studium der Rechtswissenschaft war sie längere Zeit erwerbstätig. Während des Studiums (Wahlfach: Arbeitsrecht) war sie als ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht tätig. In der Ersten Juristischen Staatsprüfung hat sie die Note „befriedigend“ (Gesamtpunktzahl 7,56) erzielt. Wegen einer Handverletzung, aufgrund derer ein Grad der Behinderung von 30 v.H. vorliegt, brach sie die Zweite Juristische Staatsprüfung zunächst ab und war als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingen tätig; gleichzeitig arbeitete sie an einer Dissertation aus dem Bereich des Arbeitsrechts. Im Oktober 2006 schloss sie das Zweite Juristische Staatsexamen (Wahlfachgruppe: Arbeitsrecht) mit der Gesamtnote „befriedigend“ (6,78 Punkte) ab.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 bewarb sich die Klägerin beim Justizministerium des Beklagten um eine Einstellung in den höheren Justizdienst, bevorzugt als Richterin in der Arbeitsgerichtsbarkeit. Aus den eingereichten Bewerbungsunterlagen ging hervor, dass die Klägerin durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29. Januar 2007 gemäß § 2 Abs. 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden war.
Unter dem 5. März 2007 teilte das Justizministerium des Beklagten der Klägerin mit, es bestehe derzeit keine Möglichkeit, ihre Bewerbung aufzugreifen. Die Klägerin erfülle die Leistungsanforderungen, die sich insbesondere an den Examensergebnissen orientierten, nicht; andere Bewerber mit besseren Leistungsdaten gingen ihr vor. Bei dieser Entscheidung seien die Grundsätze zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben berücksichtigt worden. Die Schwerbehindertenvertretung erhielt eine Kopie dieses Schreibens sowie eine Kopie des Bewerbungsbogens der Klägerin. Auf Nachfrage der Klägerin, wie sich der Beklagte zu der Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber aus § 82 Satz 2 SGB IX stelle, Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellte zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, erklärte das Justizministerium mit Schreiben vom 28. März 2007, dass in der Arbeitsgerichtsbarkeit derzeit keine Stellen zu besetzen seien. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit würden zwar laufend Bewerbungen entgegengenommen und auch Stellen besetzt. Die Klägerin erfülle das maßgebliche Anforderungsprofil jedoch nicht. Dieses sehe deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse in beiden juristischen Staatsprüfungen vor, was nach ständiger Verwaltungsübung im Regelfall zwei mindestens mit der Note „vollbefriedigend“ abgeschlossene Examina voraussetze. Weitere Zusatzqualifikationen würden erst nach Überschreiten dieser Eignungshürde relevant, so dass nach ständiger Praxis erst dann zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werde. Bei Schwerbehinderten und ihnen Gleichgestellten erfolge eine besonders sorgfältige Prüfung, ob - etwa bei nur knapper Unterschreitung der Notengrenzen - eine Ausnahme möglich sei. Im Fall der Klägerin liege eine solche Ausnahmekonstellation jedoch nicht vor. Da sie somit im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX offensichtlich fachlich ungeeignet sei, sei eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen. Mit Schreiben vom 31. März 2007 machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch in Höhe von drei Monatsgehältern nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geltend.
Das Verwaltungsgericht hat die auf Entschädigungszahlung gerichtete Klage mit Urteil vom 25. Januar 2008 abgewiesen, weil der Beklagte jedenfalls eine etwaige Benachteiligungsvermutung gemäß § 22 Halbs. 2 AGG widerlegt habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe zwar dargelegt, dass sie entgegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden und daher eine Benachteiligung wegen ihrer Gleichstellung mit Schwerbehinderten zu vermuten sei. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sei auch nicht wegen offensichtlicher fachlicher Ungeeignetheit der Klägerin im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX entbehrlich gewesen. Ob eine Bewerberin fachlich offensichtlich ungeeignet sei, beurteile sich jeweils nach dem vom öffentlichen Arbeitgeber festzulegenden und zu dokumentierenden Anforderungsprofil. In der insoweit maßgeblichen Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16. April 2002 seien indes Mindestpunktzahlen oder -examensnoten nicht genannt. Die dort geforderten „umfassenden“ Rechtskenntnisse würden auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Examina belegt. Ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch habe abgesehen werden können, erscheine schon deshalb fraglich, weil die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen in Abhängigkeit vom konkreten Bewerberfeld stünden und sich daher erst im Nachhinein bestimmen ließen. Dementsprechend weise der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin, dass sich die Einstellungsvoraussetzungen kurzfristig ändern könnten, so dass bei einer Punktzahl von 8,0 in jedem der beiden Staatsexamen zur Bewerbung geraten werde. Dessen ungeachtet zeige die Einstellungspraxis für die Jahre 2006 und 2007, dass 23 % der eingestellten Bewerber das vorgetragene Auswahlkriterium zweier mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsprüfungen nicht erfüllt hätten. Zudem hätten immerhin 5 der in den Jahren 2006 und 2007 Eingestellten in einer der Staatsprüfungen weniger als 8 Punkte erzielt und damit die in der Werbebroschüre benannten Grenzen unterschritten. Tatsächlich eingehalten worden sei im maßgeblichen Zeitraum allein das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde.
Diese Benachteiligungsvermutung habe der Beklagte indes widerlegt. Er habe im Sinne von § 22 Halbs. 2 AGG überzeugend nachgewiesen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung der Klägerin bezogene Gründe für die Auswahlentscheidung maßgeblich gewesen seien. Nach dem bei Einstellungen im öffentlichen Dienst zu beachtenden Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) sei es zulässig, bei Berufsanfängern, bei denen fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen könnten, das die Eignung erfassende Prognoseurteil auf während der Ausbildung erbrachte Leistungen zu stützen und damit hier auf die Examensergebnisse der Juristischen Staatsexamina abzustellen. Der Beklagte habe mit der vorgelegten Aufstellung der Bewerber bezüglich der hier in Rede stehenden Einstellungsrunde nachgewiesen, dass die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung habe berücksichtigt werden können, 8,21 Punkte betragen habe. Von diesem „Grenzrang“ liege die von der Klägerin im Zweiten Staatsexamen erzielte Punktzahl von 6,78 deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Gesamtnote des Ersten Staatsexamens ergebe sich nichts anderes. Zwar habe sich die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl mit 7,53 sogar noch leicht unterhalb der von der Klägerin erzielten (7,56 Punkte) bewegt. In diesem Falle habe die Note im Zweiten Staatsexamen jedoch bei 10,14 Punkten gelegen, so dass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt sei. Gleiches gelte für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter 8 Punkten gelegen habe, denn insoweit seien in der Zweiten Staatsprüfung mindestens 9 Punkte erzielt worden. Tatsächlich sei zum fraglichen Zeitpunkt kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer der Staatsprüfungen die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt habe. Es könne daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit Examensnoten, wie sie die Klägerin erzielt habe, mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Weil der Beklagte vollen Beweis dafür erbracht habe, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruht habe, komme es auf die Frage, ob eine rechtzeitige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt sei, nicht mehr an.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Entschädigungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung von § 82 SGB IX i.V.m. § 22 AGG und macht vor allem geltend, das Berufungsurteil verkenne, dass die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch, also im Bewerbungsverfahren, nicht dadurch widerlegt werden könne, dass sie auch bei benachteiligungsfreier Auswahl im Ergebnis nicht hätte eingestellt werden müssen.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG - zu Unrecht verneint. Es hat die Anforderungen des § 22 AGG an die Widerlegung der Kausalitätsvermutung verkannt, soweit es hierfür die tatsächliche Einstellungspraxis des Beklagten herangezogen und den Nachweis für ausreichend angesehen hat, dass in dem in Rede stehenden Zeitraum auch eine nicht behinderte Bewerberin oder ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen und eingestellt worden wäre (1.). Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine hinreichenden Feststellungen zur angemessenen Höhe der Entschädigung getroffen hat, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (2.).
1. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Dieser findet seine Rechtsgrundlage in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in der Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) (1.1). Die insoweit nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung der Klägerin liegt darin, dass ihr der Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihr im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte (1.2). Der darüber hinaus für die Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Behinderung und Nachteil ist gegeben (1.3). Der Entschädigungsanspruch wurde innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geltend gemacht (1.4). Auch kann ihm der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegengehalten werden (1.5).
1.1 § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist anzuwenden. Für Benachteiligungen wegen einer Behinderung im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren, die zeitlich nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes liegen, gelten dessen Vorschriften ohne Einschränkung (vgl. § 33 Abs. 3 AGG). Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz trat am 18. August 2006 in Kraft. Der Beklagte lehnte die Bewerbung der Klägerin, ohne diese vorher zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben, im März 2007 ab.
Die Beteiligten unterfallen auch dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Als Bewerberin für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis als Richterin im höheren Justizdienst des Beklagten gilt die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 24 Nr. 2 AGG als Beschäftigte im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; der Beklagte als möglicher (künftiger) Dienstherr ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
1.2 Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG (a). Zu den Gründen, aus denen nach § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG eine Benachteiligung verboten ist, gehört die Behinderung der Klägerin (b). Die Klägerin wurde dadurch benachteiligt, dass sie unter Verletzung des § 82 Satz 2 und 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde (c).
Zu diesen und weiteren Voraussetzungen hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren der Klägerin (BVerwG 5 C 16.10) Folgendes ausgeführt:
„a) Zwar wird der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nur in § 15 Abs. 1 AGG als Tatbestandsvoraussetzung für den Ersatz materieller Schäden ausdrücklich genannt. Dem Charakter des § 15 AGG als umfassender Regelung der finanziellen Einstandspflicht des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 25 und 38) entspricht es aber, auch die Entschädigung immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an einen derartigen Verstoß zu binden (so auch z.B.: BAG, Urteil vom 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - juris Rn. 25).
b) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen - BGG - (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 31). Er ist damit weiter gefasst als der Begriff der Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 SGB IX) und der ihr gleichgestellten Behinderung (§ 2 Abs. 3 i.V.m. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Er erfasst alle Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen. Demzufolge handelt es sich bei der Behinderung der Klägerin, die mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29. Januar 2007 mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden ist, um eine solche im Sinne des § 1 AGG.
c) Die Klägerin ist durch das Vorgehen der Beklagten auch im Sinne des § 7 AGG benachteiligt worden.
Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 47).
§ 82 Satz 2 und 3 SGB IX begründet eine solche Handlungspflicht, bei deren Nichterfüllung eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen anzunehmen ist. Danach haben öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Menschen oder die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, die sich um einen frei werdenden und neu zu besetzenden sowie neue Arbeitsplätze beworben haben, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, die fachliche Eignung fehlt offensichtlich. Der Gesetzgeber stellt damit schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen zum Ausgleich ihrer im Allgemeinen tatsächlich schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt im Bewerbungsverfahren besser als die nicht schwerbehinderten Konkurrentinnen und Konkurrenten. Anders als diese sollen schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen die Gelegenheit erhalten, den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von ihrer Leistungsfähigkeit und Eignung zu überzeugen, auch wenn ihre fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle zweifelhaft sein mag, solange sie nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Der öffentliche Arbeitgeber hat sich in diesem Fall über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus einen persönlichen Eindruck von der schwerbehinderten Bewerberin oder dem schwerbehinderten Bewerber und dem ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, insbesondere von ihrem positiven Leistungsprofil zu verschaffen.
Ziel des § 82 Satz 2 SGB IX ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen am Arbeitsleben durch eine ausgleichende Bevorzugungsregelung zu fördern. Sein Anwendungsbereich erstreckt sich daher auf alle im Stellenplan des öffentlichen Arbeitgebers verzeichneten und verfügbaren Stellen. Verfügbarkeit ist zu bejahen, wenn eine besetzbare Stelle nicht besetzt ist, frei wird oder neu geschaffen wurde. In Übereinstimmung mit dem Gesetzeszweck beschränkt sich die Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht auf Bewerbungen, die auf eine konkrete Stellenanzeige oder Stellenausschreibung antworten. Führt der öffentliche Arbeitgeber - wie hier - ein Besetzungsverfahren durch, obliegt ihm diese Pflicht vielmehr auch hinsichtlich der sogenannten Initiativbewerbungen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie ohne Bezug auf eine ausdrückliche Stellenausschreibung abgegeben werden. Nicht erforderlich ist, dass der zu besetzende Arbeitsplatz auch tatsächlich gemäß § 82 Satz 1 SGB IX gemeldet worden ist. Die Verletzung der Meldepflicht ließe die Pflicht unberührt, schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.
Der Klägerin fehlte auch nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX. Ob dies der Fall ist, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil dieser Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln. Für die Stellenvergabe im öffentlichen Dienst gilt insoweit das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Bestenauslese, d.h. der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG, uneingeschränkt. Danach hat nur die für die zu besetzende Stelle am besten geeignete Bewerberin oder der am besten geeignete Bewerber einen Anspruch auf Einstellung oder Beförderung, sobald und solange sich der öffentliche Arbeitgeber im Rahmen seiner Organisationsgewalt - wie hier - dafür entschieden hat, verfügbare Stellen im Wege der Bewerberauswahl zu besetzen. Dem Prinzip der Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch die durch das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG geschützten Personengruppen unterworfen. Fehlen einer Bewerberin oder einem Bewerber die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, verschafft ihnen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch darauf, von bestimmten Qualifikationsmerkmalen befreit zu werden (s.a. Ziffer 17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf).
Die sachgerechte Prognose, wer von den Bewerberinnen und Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am besten erfüllen wird, erfordert die Festlegung eines konkreten Anforderungsprofils. Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die eine Bewerberin oder ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.>; BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschluss vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 - ZBR 2008, 167 <168>). Dabei gibt der vorliegende Fall keinen Anlass zur abschließenden Beurteilung der Frage, wie differenziert ein Anforderungsprofil sein darf, das jedenfalls diskriminierungsfrei und der zu besetzenden Stelle angemessen sein und eine an dem Prinzip der Bestenauslese entsprechende Auswahl- und Besetzungsentscheidung gewährleisten muss. Bei einem rechtmäßigen Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber an den aufgestellten Kriterien gemessen, um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden.
Der öffentliche Arbeitgeber ist bei der Erstellung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen und gegebenenfalls tarifvertraglichen Vorgaben gebunden. Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzufertigen. Eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerberinnen und Bewerber um ein öffentliches Amt darf nur aufgrund sachlicher Erwägungen erfolgen (BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschluss vom 20. September 2007 a.a.O). Soweit es die Ersteinstellung von Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern in den höheren Justizdienst betrifft, bei denen fachliche Leistungen im engeren Sinn noch nicht vorliegen können, kann der öffentliche Arbeitgeber bestimmen, dass die fachliche Eignung u.a. durch eine bestimmte Gesamtnote im Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamen nachzuweisen ist (vgl. Beschluss vom 1. Februar 2006 - BVerwG 2 PKH 3.05 - juris Rn. 11). Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und 3 SGB IX. Denn schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, die nach den schriftlichen Bewerbungsunterlagen eine ihrerseits diskriminierungsfrei bestimmte fachliche Eignungsvoraussetzung, die im Anforderungsprofil ausdrücklich und eindeutig bezeichnet ist, nicht erfüllen, müssen nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden (so auch: BAG, Urteil vom 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - NJW 2009, 3319 <3322>).
Seiner Aufgabe als Grundlage der leistungsbezogenen Auswahl entsprechend muss das Anforderungsprofil zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt werden (BAG, Urteil vom 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 <270>). Es ist für den öffentlichen Arbeitgeber während des Auswahlverfahrens verbindlich (Urteil vom 16. August 2001 a.a.O.). Der öffentliche Arbeitgeber muss das Anforderungsprofil dokumentieren, damit die Gründe für seine Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann. Ohne Dokumentation wäre es dem öffentlichen Arbeitgeber ansonsten in nahezu jedem Fall möglich, Eignungsmerkmale nachzuschieben, die das Absehen von der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch rechtfertigen. Eine effektive gerichtliche Kontrolle (Art. 19 Abs. 4 GG) der Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf durch ein benachteiligungsfreies Auswahlverfahren wäre damit praktisch nicht möglich. Das Benachteiligungsverbot würde weitgehend seiner Schutzwirkung beraubt werden. Schreibt der öffentliche Arbeitgeber eine konkrete Stelle ausdrücklich aus, erfolgt die notwendige Dokumentation des Anforderungsprofils in der Regel durch den Text der Stellenausschreibung oder -anzeige. Das Anforderungsprofil kann sich darüber hinaus aus allgemeinen, vom öffentlichen Arbeitgeber beispielsweise auf seiner Homepage oder in Form von in Broschüren veröffentlichten Hinweisen über die Einstellungsvoraussetzungen und Eignungsanforderungen ergeben. Das gilt vor allem bei einer Bewerbung ohne Bezug auf eine ausdrückliche Stellenausschreibung (sog. Initiativbewerbung), die in der Regel und auch hier einer Neueinstellung in den höheren Justizdienst als Richterin oder Richter sowie Staatsanwältin oder Staatsanwalt auf Probe zugrunde liegt.“
Die vorgenannten Ausführungen gelten im vorliegenden Verfahren gleichermaßen.
Von diesen rechtlichen Vorgaben ist auch das Berufungsgericht erkennbar ausgegangen. Es hat in Anwendung dieser Grundsätze auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zutreffend entschieden, dass die Klägerin gemäß § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch hätte eingeladen werden müssen, weil ihr nach § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schrieb das im streitgegenständlichen Bewerbungszeitraum maßgebliche, in Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16. April 2002 dokumentierte Anforderungsprofil keine bestimmte, von der Klägerin nicht erreichte, Examensnote (hier: „vollbefriedigend“) im Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamen vor. Insoweit sind keine zulässigen und durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben worden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Weil der öffentliche Arbeitgeber in der Verantwortung steht, ein Anforderungsprofil festzulegen und vorab nachvollziehbar zu dokumentieren, kann auch eine an der Examensnote orientierte, tatsächliche und gefestigte Einstellungspraxis, auch wenn sie als solche bei den potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern bekannt ist, schon im rechtlichen Ansatz nicht zur Ergänzung des Anforderungsprofils herangezogen werden, um den Ausnahmetatbestand des § 82 Satz 3 SGB IX auszufüllen. Es kommt hinzu, dass von den Bewerberinnen und Bewerbern kein so genaues Wissen um in der Einstellungspraxis tatsächlich zugrunde gelegte Mindestexamensnoten verlangt werden kann, die zudem im Zeitverlauf wechseln und offen für Ausnahmen sind, dass mit der erforderlichen Gewissheit und Offensichtlichkeit Rückschlüsse auf die Eignung gezogen werden könnten. Überdies fehlt jeder Anhalt dafür, dass der Beklagte Regelungen darüber getroffen und transparent dokumentiert hätte, welche Bedeutung dem Vorstellungsgespräch für die Einstellungsentscheidung beizumessen ist und ob bzw. in welchem Umfange es geeignet ist, die durch die Examensnote veranlasste Eignungsprognose zu beeinflussen.
1.3 Zwischen der Behinderung der Klägerin und ihrer Benachteiligung im Bewerbungsverfahren besteht ein Kausalzusammenhang. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass einer pflichtwidrig unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch auch eine Indizwirkung im Sinne des § 22 AGG beizumessen ist (a). Es ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beklagte die Kausalitätsvermutung widerlegt hat. Die von ihm festgestellten Tatsachen tragen diesen rechtlichen Subsumtionsschluss nicht (b).
Zu diesen Voraussetzungen hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren der Klägerin (BVerwG 5 C 16.10) Folgendes ausgeführt:
„a) Der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG erfordert, dass die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier der Behinderung - erfolgt ist. Mitursächlichkeit reicht aus (BAG, Urteile vom 21. Juli 2009 a.a.O. S. 3321 f. und vom 17. August 2010 a.a.O. Rn. 31). Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. § 22 AGG senkt das Beweismaß. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 47 unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 <273 f.>).
Die Vorenthaltung des gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten, die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BAG, Urteil vom 21. Juli 2009 a.a.O. S. 3321; zum alten Recht im Ergebnis offen gelassen Beschluss vom 22. Februar 2008 - BVerwG 5 B 209.07 - Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1). Als weiteres Indiz im Sinne des § 22 AGG ist die Berufung auf ein nicht im maßgeblichen Anforderungsprofil enthaltenes Auswahlkriterium (hier: bestimmte Examensnoten) anzusehen (BVerfG, Beschluss vom 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276 <289 f.>).
b) Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BAG, Urteile vom 21. Juli 2009 a.a.O. S. 3322 und vom 17. August 2010 a.a.O. Rn. 45).
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der ‚offenkundigen’ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt (BAG, Urteile vom 21. Juli 2009 a.a.O. und vom 17. August 2010 a.a.O. Rn 48). Dementsprechend knüpft der Entschädigungsanspruch des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht an die behinderungsbedingte Nichteinstellung, sondern ausschließlich an Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren an, z.B. an einen Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX. Die - als Ergebnis des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens - nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG festgestellte bessere Eignung anderer Bewerberinnen und Bewerber rechtfertigt nur die Auswahlentscheidung und lässt nicht darauf schließen, dass auch das Bewerbungsverfahren tatsächlich ohne Benachteiligung einer Mitbewerberin oder eines Mitbewerbers durchgeführt worden ist. Wenn - wie durch § 82 Satz 3 SGB IX vorgegeben - die Frage der fachlichen Eignung bereits bei der Reichweite der verfahrensbezogenen Pflichten des Arbeitgebers zu prüfen ist, würde es das dort normierte Offensichtlichkeitserfordernis unterlaufen, wenn die fachliche Eignung auch für den Gegenbeweis herangezogen werden könnte; dieser ist auf andere Gesichtspunkte zu begrenzen. Nur dieses Verständnis entspricht § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG, der eine Entschädigung in Fällen, in denen der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, gerade nicht ausschließt, sondern diese lediglich der Höhe nach begrenzt. Beruht auch das Auswahlergebnis auf der Benachteiligung, besteht Anspruch auf vollen Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG.
Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren. Letzteres folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Damit wird dem öffentlichen Arbeitgeber - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht jede Möglichkeit genommen, unter Berufung auf die Examensnoten von einer Einladung schwerbehinderter Bewerberinnen und Bewerber sowie der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch abzusehen. Der öffentliche Arbeitgeber kann dies hier allerdings nur dadurch erreichen, dass er vorab und bindend bestimmte Erfordernisse (wie z.B. Noten) zum Nachweis der geforderten fachlichen Qualifikation in ein - seinerseits diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes - Anforderungsprofil aufnimmt. Auf diese Weise kann der öffentliche Arbeitgeber die Reichweite seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und 3 SGB IX steuern und zugleich Einladungen zu Vorstellungsgesprächen entgegenwirken, bei denen die Bewerberinnen und Bewerber aller Voraussicht nach keine Einstellungschance haben. Bei einer vorrangig über Examensnoten gesteuerten Einstellungspraxis kommt die Bezeichnung an das Examensergebnis anknüpfender Kriterien bereits für die Vorauswahl der Bewerberinnen und Bewerber auch dann in Betracht, wenn für die jeweilige Einstellungsrunde der Kreis der Bewerberinnen und Bewerber und deren Examensergebnisse noch nicht bekannt sind; verzichtet aber ein öffentlicher Arbeitgeber auf eine transparente vorherige Festlegung von Mindestanforderungen, um sich für die Einstellungsentscheidung eine gewisse Flexibilität zu erhalten, kann er sich nicht auf nachträglich gebildete Maßstäbe berufen.“
Auch diese Ausführungen gelten im vorliegenden Verfahren gleichermaßen.
Das Berufungsgericht hat für seine Bewertung, der Beklagte habe überzeugend nachgewiesen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe für die Auswahlentscheidung maßgeblich gewesen seien, allein an das maßgebliche Notenniveau in der hier zu überprüfenden Einstellungsrunde und den Umstand angeknüpft, dass auch ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen, also weder für die Einstellung im Geschäftsbereich des Justizministeriums des Beklagten in Frage gekommen noch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre. Damit knüpft es aber allein an die durch die Examensnote indizierte fachliche Eignung der Klägerin an. Dies reicht nach dem Vorstehenden gerade nicht aus, um die Kausalitätsvermutung zu widerlegen. Andere Gründe, etwa im Bereich der persönlichen Eignung, sind von dem Berufungsgericht nicht festgestellt, von dem Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.
1.4 Der Entschädigungsanspruch ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung schriftlich geltend gemacht worden.
1.5 Er ist auch nicht ausnahmsweise nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs, insbesondere wegen mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung, ausgeschlossen. Mit Rücksicht auf die Gewährleistung eines tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutzes vor Benachteiligungen in Beschäftigung und Beruf ist an einen derartigen Anspruchsausschluss ein strenger Maßstab anzulegen. Dass sich eine Bewerberin oder ein Bewerber nach Abschluss der juristischen Ausbildung - wie hier - parallel in mehreren Ländern um die Einstellung in den höheren Justizdienst bewirbt und zudem im Falle der Erfolglosigkeit der Bewerbungen im Hinblick auf eine jeweils unterlassene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch mehrere Entschädigungsklagen gegen verschiedene öffentliche Arbeitgeber erhebt, reicht für sich allein insoweit nicht aus (BAG, Urteil vom 21. Juli 2009 a.a.O.).
2. Zur Höhe des hiernach der Klägerin dem Grunde nach zustehenden Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG bedarf es weiterer Feststellungen. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine hinreichend tragfähigen tatsächlichen Feststellungen zur angemessenen Entschädigungshöhe getroffen. Eine höhere Entschädigung kann geboten sein, wenn die Klägerin aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 38). Insoweit wird das Berufungsgericht insbesondere zu prüfen haben, ob der Beklagte auch gegen die Pflicht zur Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung aus § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX verstoßen hat, die ebenfalls als Indiz im Sinne von § 22 AGG in Betracht kommt (BAG, Urteil vom 17. August 2010 a.a.O. Rn. 35), und ob (zudem) ein Verstoß gegen die bestehende Meldepflicht nach § 82 Satz 1 SGB IX vorliegt.
liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
2. Ziel des § 82 Satz 2 SGB IX ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen am Arbeitsleben durch eine ausgleichende Bevorzugungsregelung zu fördern. Sein Anwendungsbereich erstreckt sich daher auf alle im Stellenplan des öffentlichen Arbeitgebers verzeichneten und verfügbaren Stellen.
3. Der Entschädigungsanspruch des § 15Abs. 2 Satz 1 AGG knüpft nicht an eine behinderungsbedingte Nichteinstellung, sondern ausschließlich an Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren an.
Redaktioneller Leitsatz zu
Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 03.03.2011, Az.: 5 C 15.10
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. August 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
IDie Klägerin begehrt eine Entschädigung, weil im Zusammenhang mit ihrer Bewerbung um eine Einstellung in den Richterdienst (als Arbeitsrichterin) des beklagten Landes gegen das Verbot der Benachteiligung Schwerbehinderter verstoßen worden sei.
Die 1967 geborene Klägerin hat die Befähigung zum Richteramt erworben. Vor dem Studium der Rechtswissenschaft war sie längere Zeit erwerbstätig. Während des Studiums (Wahlfach: Arbeitsrecht) war sie als ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht tätig. In der Ersten Juristischen Staatsprüfung hat sie die Note „befriedigend“ (Gesamtpunktzahl 7,56) erzielt. Wegen einer Handverletzung, aufgrund derer ein Grad der Behinderung von 30 v.H. vorliegt, brach sie die Zweite Juristische Staatsprüfung zunächst ab und war als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingen tätig; gleichzeitig arbeitete sie an einer Dissertation aus dem Bereich des Arbeitsrechts. Im Oktober 2006 schloss sie das Zweite Juristische Staatsexamen (Wahlfachgruppe: Arbeitsrecht) mit der Gesamtnote „befriedigend“ (6,78 Punkte) ab.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 bewarb sich die Klägerin beim Justizministerium des Beklagten um eine Einstellung in den höheren Justizdienst, bevorzugt als Richterin in der Arbeitsgerichtsbarkeit. Aus den eingereichten Bewerbungsunterlagen ging hervor, dass die Klägerin durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29. Januar 2007 gemäß § 2 Abs. 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden war.
Unter dem 5. März 2007 teilte das Justizministerium des Beklagten der Klägerin mit, es bestehe derzeit keine Möglichkeit, ihre Bewerbung aufzugreifen. Die Klägerin erfülle die Leistungsanforderungen, die sich insbesondere an den Examensergebnissen orientierten, nicht; andere Bewerber mit besseren Leistungsdaten gingen ihr vor. Bei dieser Entscheidung seien die Grundsätze zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben berücksichtigt worden. Die Schwerbehindertenvertretung erhielt eine Kopie dieses Schreibens sowie eine Kopie des Bewerbungsbogens der Klägerin. Auf Nachfrage der Klägerin, wie sich der Beklagte zu der Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber aus § 82 Satz 2 SGB IX stelle, Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellte zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, erklärte das Justizministerium mit Schreiben vom 28. März 2007, dass in der Arbeitsgerichtsbarkeit derzeit keine Stellen zu besetzen seien. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit würden zwar laufend Bewerbungen entgegengenommen und auch Stellen besetzt. Die Klägerin erfülle das maßgebliche Anforderungsprofil jedoch nicht. Dieses sehe deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse in beiden juristischen Staatsprüfungen vor, was nach ständiger Verwaltungsübung im Regelfall zwei mindestens mit der Note „vollbefriedigend“ abgeschlossene Examina voraussetze. Weitere Zusatzqualifikationen würden erst nach Überschreiten dieser Eignungshürde relevant, so dass nach ständiger Praxis erst dann zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werde. Bei Schwerbehinderten und ihnen Gleichgestellten erfolge eine besonders sorgfältige Prüfung, ob - etwa bei nur knapper Unterschreitung der Notengrenzen - eine Ausnahme möglich sei. Im Fall der Klägerin liege eine solche Ausnahmekonstellation jedoch nicht vor. Da sie somit im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX offensichtlich fachlich ungeeignet sei, sei eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen. Mit Schreiben vom 31. März 2007 machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch in Höhe von drei Monatsgehältern nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geltend.
Das Verwaltungsgericht hat die auf Entschädigungszahlung gerichtete Klage mit Urteil vom 25. Januar 2008 abgewiesen, weil der Beklagte jedenfalls eine etwaige Benachteiligungsvermutung gemäß § 22 Halbs. 2 AGG widerlegt habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe zwar dargelegt, dass sie entgegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden und daher eine Benachteiligung wegen ihrer Gleichstellung mit Schwerbehinderten zu vermuten sei. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sei auch nicht wegen offensichtlicher fachlicher Ungeeignetheit der Klägerin im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX entbehrlich gewesen. Ob eine Bewerberin fachlich offensichtlich ungeeignet sei, beurteile sich jeweils nach dem vom öffentlichen Arbeitgeber festzulegenden und zu dokumentierenden Anforderungsprofil. In der insoweit maßgeblichen Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16. April 2002 seien indes Mindestpunktzahlen oder -examensnoten nicht genannt. Die dort geforderten „umfassenden“ Rechtskenntnisse würden auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Examina belegt. Ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch habe abgesehen werden können, erscheine schon deshalb fraglich, weil die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen in Abhängigkeit vom konkreten Bewerberfeld stünden und sich daher erst im Nachhinein bestimmen ließen. Dementsprechend weise der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin, dass sich die Einstellungsvoraussetzungen kurzfristig ändern könnten, so dass bei einer Punktzahl von 8,0 in jedem der beiden Staatsexamen zur Bewerbung geraten werde. Dessen ungeachtet zeige die Einstellungspraxis für die Jahre 2006 und 2007, dass 23 % der eingestellten Bewerber das vorgetragene Auswahlkriterium zweier mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsprüfungen nicht erfüllt hätten. Zudem hätten immerhin 5 der in den Jahren 2006 und 2007 Eingestellten in einer der Staatsprüfungen weniger als 8 Punkte erzielt und damit die in der Werbebroschüre benannten Grenzen unterschritten. Tatsächlich eingehalten worden sei im maßgeblichen Zeitraum allein das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde.
Diese Benachteiligungsvermutung habe der Beklagte indes widerlegt. Er habe im Sinne von § 22 Halbs. 2 AGG überzeugend nachgewiesen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung der Klägerin bezogene Gründe für die Auswahlentscheidung maßgeblich gewesen seien. Nach dem bei Einstellungen im öffentlichen Dienst zu beachtenden Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) sei es zulässig, bei Berufsanfängern, bei denen fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen könnten, das die Eignung erfassende Prognoseurteil auf während der Ausbildung erbrachte Leistungen zu stützen und damit hier auf die Examensergebnisse der Juristischen Staatsexamina abzustellen. Der Beklagte habe mit der vorgelegten Aufstellung der Bewerber bezüglich der hier in Rede stehenden Einstellungsrunde nachgewiesen, dass die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung habe berücksichtigt werden können, 8,21 Punkte betragen habe. Von diesem „Grenzrang“ liege die von der Klägerin im Zweiten Staatsexamen erzielte Punktzahl von 6,78 deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Gesamtnote des Ersten Staatsexamens ergebe sich nichts anderes. Zwar habe sich die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl mit 7,53 sogar noch leicht unterhalb der von der Klägerin erzielten (7,56 Punkte) bewegt. In diesem Falle habe die Note im Zweiten Staatsexamen jedoch bei 10,14 Punkten gelegen, so dass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt sei. Gleiches gelte für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter 8 Punkten gelegen habe, denn insoweit seien in der Zweiten Staatsprüfung mindestens 9 Punkte erzielt worden. Tatsächlich sei zum fraglichen Zeitpunkt kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer der Staatsprüfungen die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt habe. Es könne daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit Examensnoten, wie sie die Klägerin erzielt habe, mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Weil der Beklagte vollen Beweis dafür erbracht habe, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruht habe, komme es auf die Frage, ob eine rechtzeitige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt sei, nicht mehr an.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Entschädigungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung von § 82 SGB IX i.V.m. § 22 AGG und macht vor allem geltend, das Berufungsurteil verkenne, dass die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch, also im Bewerbungsverfahren, nicht dadurch widerlegt werden könne, dass sie auch bei benachteiligungsfreier Auswahl im Ergebnis nicht hätte eingestellt werden müssen.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG - zu Unrecht verneint. Es hat die Anforderungen des § 22 AGG an die Widerlegung der Kausalitätsvermutung verkannt, soweit es hierfür die tatsächliche Einstellungspraxis des Beklagten herangezogen und den Nachweis für ausreichend angesehen hat, dass in dem in Rede stehenden Zeitraum auch eine nicht behinderte Bewerberin oder ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen und eingestellt worden wäre (1.). Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine hinreichenden Feststellungen zur angemessenen Höhe der Entschädigung getroffen hat, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (2.).
1. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Dieser findet seine Rechtsgrundlage in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in der Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) (1.1). Die insoweit nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung der Klägerin liegt darin, dass ihr der Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihr im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte (1.2). Der darüber hinaus für die Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Behinderung und Nachteil ist gegeben (1.3). Der Entschädigungsanspruch wurde innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geltend gemacht (1.4). Auch kann ihm der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegengehalten werden (1.5).
1.1 § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist anzuwenden. Für Benachteiligungen wegen einer Behinderung im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren, die zeitlich nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes liegen, gelten dessen Vorschriften ohne Einschränkung (vgl. § 33 Abs. 3 AGG). Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz trat am 18. August 2006 in Kraft. Der Beklagte lehnte die Bewerbung der Klägerin, ohne diese vorher zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben, im März 2007 ab.
Die Beteiligten unterfallen auch dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Als Bewerberin für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis als Richterin im höheren Justizdienst des Beklagten gilt die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 24 Nr. 2 AGG als Beschäftigte im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; der Beklagte als möglicher (künftiger) Dienstherr ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
1.2 Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG (a). Zu den Gründen, aus denen nach § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG eine Benachteiligung verboten ist, gehört die Behinderung der Klägerin (b). Die Klägerin wurde dadurch benachteiligt, dass sie unter Verletzung des § 82 Satz 2 und 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde (c).
Zu diesen und weiteren Voraussetzungen hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren der Klägerin (BVerwG 5 C 16.10) Folgendes ausgeführt:
„a) Zwar wird der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nur in § 15 Abs. 1 AGG als Tatbestandsvoraussetzung für den Ersatz materieller Schäden ausdrücklich genannt. Dem Charakter des § 15 AGG als umfassender Regelung der finanziellen Einstandspflicht des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 25 und 38) entspricht es aber, auch die Entschädigung immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an einen derartigen Verstoß zu binden (so auch z.B.: BAG, Urteil vom 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - juris Rn. 25).
b) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen - BGG - (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 31). Er ist damit weiter gefasst als der Begriff der Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 SGB IX) und der ihr gleichgestellten Behinderung (§ 2 Abs. 3 i.V.m. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Er erfasst alle Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen. Demzufolge handelt es sich bei der Behinderung der Klägerin, die mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29. Januar 2007 mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden ist, um eine solche im Sinne des § 1 AGG.
c) Die Klägerin ist durch das Vorgehen der Beklagten auch im Sinne des § 7 AGG benachteiligt worden.
Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 47).
§ 82 Satz 2 und 3 SGB IX begründet eine solche Handlungspflicht, bei deren Nichterfüllung eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen anzunehmen ist. Danach haben öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Menschen oder die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, die sich um einen frei werdenden und neu zu besetzenden sowie neue Arbeitsplätze beworben haben, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, die fachliche Eignung fehlt offensichtlich. Der Gesetzgeber stellt damit schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen zum Ausgleich ihrer im Allgemeinen tatsächlich schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt im Bewerbungsverfahren besser als die nicht schwerbehinderten Konkurrentinnen und Konkurrenten. Anders als diese sollen schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen die Gelegenheit erhalten, den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von ihrer Leistungsfähigkeit und Eignung zu überzeugen, auch wenn ihre fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle zweifelhaft sein mag, solange sie nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Der öffentliche Arbeitgeber hat sich in diesem Fall über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus einen persönlichen Eindruck von der schwerbehinderten Bewerberin oder dem schwerbehinderten Bewerber und dem ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, insbesondere von ihrem positiven Leistungsprofil zu verschaffen.
Ziel des § 82 Satz 2 SGB IX ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen am Arbeitsleben durch eine ausgleichende Bevorzugungsregelung zu fördern. Sein Anwendungsbereich erstreckt sich daher auf alle im Stellenplan des öffentlichen Arbeitgebers verzeichneten und verfügbaren Stellen. Verfügbarkeit ist zu bejahen, wenn eine besetzbare Stelle nicht besetzt ist, frei wird oder neu geschaffen wurde. In Übereinstimmung mit dem Gesetzeszweck beschränkt sich die Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht auf Bewerbungen, die auf eine konkrete Stellenanzeige oder Stellenausschreibung antworten. Führt der öffentliche Arbeitgeber - wie hier - ein Besetzungsverfahren durch, obliegt ihm diese Pflicht vielmehr auch hinsichtlich der sogenannten Initiativbewerbungen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie ohne Bezug auf eine ausdrückliche Stellenausschreibung abgegeben werden. Nicht erforderlich ist, dass der zu besetzende Arbeitsplatz auch tatsächlich gemäß § 82 Satz 1 SGB IX gemeldet worden ist. Die Verletzung der Meldepflicht ließe die Pflicht unberührt, schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.
Der Klägerin fehlte auch nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX. Ob dies der Fall ist, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil dieser Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln. Für die Stellenvergabe im öffentlichen Dienst gilt insoweit das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Bestenauslese, d.h. der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG, uneingeschränkt. Danach hat nur die für die zu besetzende Stelle am besten geeignete Bewerberin oder der am besten geeignete Bewerber einen Anspruch auf Einstellung oder Beförderung, sobald und solange sich der öffentliche Arbeitgeber im Rahmen seiner Organisationsgewalt - wie hier - dafür entschieden hat, verfügbare Stellen im Wege der Bewerberauswahl zu besetzen. Dem Prinzip der Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch die durch das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG geschützten Personengruppen unterworfen. Fehlen einer Bewerberin oder einem Bewerber die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, verschafft ihnen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch darauf, von bestimmten Qualifikationsmerkmalen befreit zu werden (s.a. Ziffer 17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf).
Die sachgerechte Prognose, wer von den Bewerberinnen und Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am besten erfüllen wird, erfordert die Festlegung eines konkreten Anforderungsprofils. Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die eine Bewerberin oder ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.>; BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschluss vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 - ZBR 2008, 167 <168>). Dabei gibt der vorliegende Fall keinen Anlass zur abschließenden Beurteilung der Frage, wie differenziert ein Anforderungsprofil sein darf, das jedenfalls diskriminierungsfrei und der zu besetzenden Stelle angemessen sein und eine an dem Prinzip der Bestenauslese entsprechende Auswahl- und Besetzungsentscheidung gewährleisten muss. Bei einem rechtmäßigen Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber an den aufgestellten Kriterien gemessen, um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden.
Der öffentliche Arbeitgeber ist bei der Erstellung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen und gegebenenfalls tarifvertraglichen Vorgaben gebunden. Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzufertigen. Eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerberinnen und Bewerber um ein öffentliches Amt darf nur aufgrund sachlicher Erwägungen erfolgen (BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschluss vom 20. September 2007 a.a.O). Soweit es die Ersteinstellung von Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern in den höheren Justizdienst betrifft, bei denen fachliche Leistungen im engeren Sinn noch nicht vorliegen können, kann der öffentliche Arbeitgeber bestimmen, dass die fachliche Eignung u.a. durch eine bestimmte Gesamtnote im Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamen nachzuweisen ist (vgl. Beschluss vom 1. Februar 2006 - BVerwG 2 PKH 3.05 - juris Rn. 11). Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und 3 SGB IX. Denn schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, die nach den schriftlichen Bewerbungsunterlagen eine ihrerseits diskriminierungsfrei bestimmte fachliche Eignungsvoraussetzung, die im Anforderungsprofil ausdrücklich und eindeutig bezeichnet ist, nicht erfüllen, müssen nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden (so auch: BAG, Urteil vom 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - NJW 2009, 3319 <3322>).
Seiner Aufgabe als Grundlage der leistungsbezogenen Auswahl entsprechend muss das Anforderungsprofil zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt werden (BAG, Urteil vom 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 <270>). Es ist für den öffentlichen Arbeitgeber während des Auswahlverfahrens verbindlich (Urteil vom 16. August 2001 a.a.O.). Der öffentliche Arbeitgeber muss das Anforderungsprofil dokumentieren, damit die Gründe für seine Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann. Ohne Dokumentation wäre es dem öffentlichen Arbeitgeber ansonsten in nahezu jedem Fall möglich, Eignungsmerkmale nachzuschieben, die das Absehen von der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch rechtfertigen. Eine effektive gerichtliche Kontrolle (Art. 19 Abs. 4 GG) der Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf durch ein benachteiligungsfreies Auswahlverfahren wäre damit praktisch nicht möglich. Das Benachteiligungsverbot würde weitgehend seiner Schutzwirkung beraubt werden. Schreibt der öffentliche Arbeitgeber eine konkrete Stelle ausdrücklich aus, erfolgt die notwendige Dokumentation des Anforderungsprofils in der Regel durch den Text der Stellenausschreibung oder -anzeige. Das Anforderungsprofil kann sich darüber hinaus aus allgemeinen, vom öffentlichen Arbeitgeber beispielsweise auf seiner Homepage oder in Form von in Broschüren veröffentlichten Hinweisen über die Einstellungsvoraussetzungen und Eignungsanforderungen ergeben. Das gilt vor allem bei einer Bewerbung ohne Bezug auf eine ausdrückliche Stellenausschreibung (sog. Initiativbewerbung), die in der Regel und auch hier einer Neueinstellung in den höheren Justizdienst als Richterin oder Richter sowie Staatsanwältin oder Staatsanwalt auf Probe zugrunde liegt.“
Die vorgenannten Ausführungen gelten im vorliegenden Verfahren gleichermaßen.
Von diesen rechtlichen Vorgaben ist auch das Berufungsgericht erkennbar ausgegangen. Es hat in Anwendung dieser Grundsätze auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zutreffend entschieden, dass die Klägerin gemäß § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch hätte eingeladen werden müssen, weil ihr nach § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schrieb das im streitgegenständlichen Bewerbungszeitraum maßgebliche, in Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16. April 2002 dokumentierte Anforderungsprofil keine bestimmte, von der Klägerin nicht erreichte, Examensnote (hier: „vollbefriedigend“) im Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamen vor. Insoweit sind keine zulässigen und durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben worden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Weil der öffentliche Arbeitgeber in der Verantwortung steht, ein Anforderungsprofil festzulegen und vorab nachvollziehbar zu dokumentieren, kann auch eine an der Examensnote orientierte, tatsächliche und gefestigte Einstellungspraxis, auch wenn sie als solche bei den potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern bekannt ist, schon im rechtlichen Ansatz nicht zur Ergänzung des Anforderungsprofils herangezogen werden, um den Ausnahmetatbestand des § 82 Satz 3 SGB IX auszufüllen. Es kommt hinzu, dass von den Bewerberinnen und Bewerbern kein so genaues Wissen um in der Einstellungspraxis tatsächlich zugrunde gelegte Mindestexamensnoten verlangt werden kann, die zudem im Zeitverlauf wechseln und offen für Ausnahmen sind, dass mit der erforderlichen Gewissheit und Offensichtlichkeit Rückschlüsse auf die Eignung gezogen werden könnten. Überdies fehlt jeder Anhalt dafür, dass der Beklagte Regelungen darüber getroffen und transparent dokumentiert hätte, welche Bedeutung dem Vorstellungsgespräch für die Einstellungsentscheidung beizumessen ist und ob bzw. in welchem Umfange es geeignet ist, die durch die Examensnote veranlasste Eignungsprognose zu beeinflussen.
1.3 Zwischen der Behinderung der Klägerin und ihrer Benachteiligung im Bewerbungsverfahren besteht ein Kausalzusammenhang. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass einer pflichtwidrig unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch auch eine Indizwirkung im Sinne des § 22 AGG beizumessen ist (a). Es ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beklagte die Kausalitätsvermutung widerlegt hat. Die von ihm festgestellten Tatsachen tragen diesen rechtlichen Subsumtionsschluss nicht (b).
Zu diesen Voraussetzungen hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren der Klägerin (BVerwG 5 C 16.10) Folgendes ausgeführt:
„a) Der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG erfordert, dass die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier der Behinderung - erfolgt ist. Mitursächlichkeit reicht aus (BAG, Urteile vom 21. Juli 2009 a.a.O. S. 3321 f. und vom 17. August 2010 a.a.O. Rn. 31). Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. § 22 AGG senkt das Beweismaß. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 47 unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 <273 f.>).
Die Vorenthaltung des gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten, die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BAG, Urteil vom 21. Juli 2009 a.a.O. S. 3321; zum alten Recht im Ergebnis offen gelassen Beschluss vom 22. Februar 2008 - BVerwG 5 B 209.07 - Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1). Als weiteres Indiz im Sinne des § 22 AGG ist die Berufung auf ein nicht im maßgeblichen Anforderungsprofil enthaltenes Auswahlkriterium (hier: bestimmte Examensnoten) anzusehen (BVerfG, Beschluss vom 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276 <289 f.>).
b) Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BAG, Urteile vom 21. Juli 2009 a.a.O. S. 3322 und vom 17. August 2010 a.a.O. Rn. 45).
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der ‚offenkundigen’ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt (BAG, Urteile vom 21. Juli 2009 a.a.O. und vom 17. August 2010 a.a.O. Rn 48). Dementsprechend knüpft der Entschädigungsanspruch des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht an die behinderungsbedingte Nichteinstellung, sondern ausschließlich an Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren an, z.B. an einen Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX. Die - als Ergebnis des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens - nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG festgestellte bessere Eignung anderer Bewerberinnen und Bewerber rechtfertigt nur die Auswahlentscheidung und lässt nicht darauf schließen, dass auch das Bewerbungsverfahren tatsächlich ohne Benachteiligung einer Mitbewerberin oder eines Mitbewerbers durchgeführt worden ist. Wenn - wie durch § 82 Satz 3 SGB IX vorgegeben - die Frage der fachlichen Eignung bereits bei der Reichweite der verfahrensbezogenen Pflichten des Arbeitgebers zu prüfen ist, würde es das dort normierte Offensichtlichkeitserfordernis unterlaufen, wenn die fachliche Eignung auch für den Gegenbeweis herangezogen werden könnte; dieser ist auf andere Gesichtspunkte zu begrenzen. Nur dieses Verständnis entspricht § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG, der eine Entschädigung in Fällen, in denen der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, gerade nicht ausschließt, sondern diese lediglich der Höhe nach begrenzt. Beruht auch das Auswahlergebnis auf der Benachteiligung, besteht Anspruch auf vollen Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG.
Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren. Letzteres folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Damit wird dem öffentlichen Arbeitgeber - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht jede Möglichkeit genommen, unter Berufung auf die Examensnoten von einer Einladung schwerbehinderter Bewerberinnen und Bewerber sowie der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch abzusehen. Der öffentliche Arbeitgeber kann dies hier allerdings nur dadurch erreichen, dass er vorab und bindend bestimmte Erfordernisse (wie z.B. Noten) zum Nachweis der geforderten fachlichen Qualifikation in ein - seinerseits diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes - Anforderungsprofil aufnimmt. Auf diese Weise kann der öffentliche Arbeitgeber die Reichweite seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und 3 SGB IX steuern und zugleich Einladungen zu Vorstellungsgesprächen entgegenwirken, bei denen die Bewerberinnen und Bewerber aller Voraussicht nach keine Einstellungschance haben. Bei einer vorrangig über Examensnoten gesteuerten Einstellungspraxis kommt die Bezeichnung an das Examensergebnis anknüpfender Kriterien bereits für die Vorauswahl der Bewerberinnen und Bewerber auch dann in Betracht, wenn für die jeweilige Einstellungsrunde der Kreis der Bewerberinnen und Bewerber und deren Examensergebnisse noch nicht bekannt sind; verzichtet aber ein öffentlicher Arbeitgeber auf eine transparente vorherige Festlegung von Mindestanforderungen, um sich für die Einstellungsentscheidung eine gewisse Flexibilität zu erhalten, kann er sich nicht auf nachträglich gebildete Maßstäbe berufen.“
Auch diese Ausführungen gelten im vorliegenden Verfahren gleichermaßen.
Das Berufungsgericht hat für seine Bewertung, der Beklagte habe überzeugend nachgewiesen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe für die Auswahlentscheidung maßgeblich gewesen seien, allein an das maßgebliche Notenniveau in der hier zu überprüfenden Einstellungsrunde und den Umstand angeknüpft, dass auch ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen, also weder für die Einstellung im Geschäftsbereich des Justizministeriums des Beklagten in Frage gekommen noch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre. Damit knüpft es aber allein an die durch die Examensnote indizierte fachliche Eignung der Klägerin an. Dies reicht nach dem Vorstehenden gerade nicht aus, um die Kausalitätsvermutung zu widerlegen. Andere Gründe, etwa im Bereich der persönlichen Eignung, sind von dem Berufungsgericht nicht festgestellt, von dem Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.
1.4 Der Entschädigungsanspruch ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung schriftlich geltend gemacht worden.
1.5 Er ist auch nicht ausnahmsweise nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs, insbesondere wegen mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung, ausgeschlossen. Mit Rücksicht auf die Gewährleistung eines tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutzes vor Benachteiligungen in Beschäftigung und Beruf ist an einen derartigen Anspruchsausschluss ein strenger Maßstab anzulegen. Dass sich eine Bewerberin oder ein Bewerber nach Abschluss der juristischen Ausbildung - wie hier - parallel in mehreren Ländern um die Einstellung in den höheren Justizdienst bewirbt und zudem im Falle der Erfolglosigkeit der Bewerbungen im Hinblick auf eine jeweils unterlassene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch mehrere Entschädigungsklagen gegen verschiedene öffentliche Arbeitgeber erhebt, reicht für sich allein insoweit nicht aus (BAG, Urteil vom 21. Juli 2009 a.a.O.).
2. Zur Höhe des hiernach der Klägerin dem Grunde nach zustehenden Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG bedarf es weiterer Feststellungen. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine hinreichend tragfähigen tatsächlichen Feststellungen zur angemessenen Entschädigungshöhe getroffen. Eine höhere Entschädigung kann geboten sein, wenn die Klägerin aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 38). Insoweit wird das Berufungsgericht insbesondere zu prüfen haben, ob der Beklagte auch gegen die Pflicht zur Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung aus § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX verstoßen hat, die ebenfalls als Indiz im Sinne von § 22 AGG in Betracht kommt (BAG, Urteil vom 17. August 2010 a.a.O. Rn. 35), und ob (zudem) ein Verstoß gegen die bestehende Meldepflicht nach § 82 Satz 1 SGB IX vorliegt.